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08. April 2013

Pressemitteilung:


Fraport-Wirbelschleppenskandal: Kapazitätsauslastung geht über alles -Internationale Sicherheitsstandards werden nicht beachtet
BfU dokumentierte Vorfall vom 03. März 2013

 

Glaubte die Fraport-Konzernspitze noch bis zum vergangenen Freitag, sie könne die eingetretene Eskalation bei den Wirbelschleppen einfach aussitzen, so ist mit  dem bislang folgenschwersten Flörsheimer Vorfall vom 05. April eine Grenze überschritten worden. Die Wucht der medialen Berichte (u.a. Hessenschau) hat auch die Fraport-Konzernzentrale tüchtig durcheinandergewirbelt. Mit einem von tieffliegenden Flugzeugen verursachten Dachziegelregen in der Untermainstadt, unweit von spielenden Kindern, tritt der Konflikt in eine neue, hochkritische Phase. Solche Schäden an Häusern und Gefahren für Leib und Leben kannten ältere Bewohner bislang nur von den Druckwellen alliierter Bombenabwürfe im zweiten Weltkrieg.

 

Noch am Sonntagabend hat sich Fraport daher in einem ungewöhnlichen Schritt zu Gesprächen mit den Stadtführungen von Flörsheim und Raunheim bereiterklärt, und einen Kurswechsel signalisiert. 1)


Die BfU möchte zum Thema Wirbelschleppen einen weiteren Aspekt in die Diskussion einwerfen, der bislang nicht angesprochen wurde. BfU-Sprecher Wolf: „Ebenso wie Raunheim ist Flörsheim durch die tiefen Überflüge unterhalb 250 m von bodentiefen Wirbelschleppen bedroht. Die sieben Gebäudeschäden in kurzer Zeit zeigen deutlich, dass hier kein abstraktes Risiko vorliegt, sondern ein echter Gefahrenhotspot eingetreten ist.“

Doch es gibt eine noch ernstere Gefährdung der Bevölkerung durch wirbelschleppenbedingte Flugzeugabstürze! Seit Landebahneröffnung ist aufgefallen, dass gerade bei den westlichen Landeanflügen auf die Bahn 07L die von der ICAO vorgeschriebenen Horizontalabstände, die sogenannte "Wirbelschleppenstaffelung" der Maschinen nicht eingehalten wird. Dieser Sicherheitsabstand der Flieger von mindestens 4 Nautischen Meilen (4 NM) wird aus Gründen der Kapazitätsauslastung fahrlässig unterschritten, mit der Folge, dass sich die im ILS-Gleitpfad eingereihten Maschinen zuweilen über Flörsheim /Eddersheim gefährlich nahe kommen. Sie bewegen sich im turbulenten Wirbelschleppensog der vorausfliegenden Luftfahrzeuge. Wirbelschleppen-Tornados können durchaus mehrere Minuten im Luftraum stabil bleiben.

 

So geschehen am Sonntag, dem 03. März 2013 um 20:22 (MEZ), als durch eine Staffelungsunterschreitung der LH-Airbus A319 (DLH061) beim Anflug auf die Nordwestbahn (07L) durchstarten musste, da er dem vorausfliegenden A320 der Lufthansa (DLH1437) allzu dicht auf den Fersen war. (siehe Anhang)

Dies ist kein Einzelfall, sondern es ist betriebsbedingte Praxis. Die Bevölkerung ist also nicht nur durch fliegende Dachziegel gefährdet, sondern unterliegt einer ganz konkreten Lebensgefahr durch Luftfahrzeuge im Wirbelschleppensog. Die BfU hat bereits mehrfach derartige Durchstartereignisse aufgrund von  Staffelungsunterschreitungen angeprangert.  Mit unserem Anliegen sind wir sowohl beim Fluglärmschutzbeauftragen Kirsch, als auch bei DFS-Sprecher Axel Raab bisher auf taube Ohren gestoßen.

Es fällt auf, dass aus Gründen der maximalen Kapazitätsauslastung der Landebahn-Nordwest in Frankfurt überall internationale Sicherheitsstandards (ICAO) vernachlässigt und sogar ignoriert werden. Bei der Wirbelschleppen-staffelung wird getrickst, 90 Prozent aller Vogelschwärme auf Kollisionskurs meldet Fraport per Mivotherm nicht an die Piloten weiter 2).  Durchstarter auf der Südbahn (25L) kreuzen sich mit den startenden Fliegern auf der Centerbahn (25C). Auch hier ist der Anflug so dicht gestaffelt, dass systemische Risiken 3) billigend in Kauf genommen werden.

 

Welche Auswirkungen Wirbelschleppen auf die Bevölkerung am Boden und auf nachfolgende Flugzeuge haben, sollte dem Fraport-Vorstand durch die  langjährigen Forschungsarbeiten der DLR („Wake-Vortex-System: WSVBS“) eigentlich bestens bekannt sein.

 

 

1) Wiesbadener Kurier vom 08.04.2013: http://www.wiesbadener-kurier.de/region/rhein-main/12982357.htm

2) Hanauer Anzeiger vom 12.07.2012, http://www.nickel-eiding.com/files/ha160-4c-020.pdf


3) Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung: Untersuchungsbericht zum Beinaheabsturz vom 13.12.2011 BFUX013-11

 

 

P.S.: Leider kann aus Gründen des Urheberrechtsschutzes, an dieser Stelle kein Screenshot des Casper Live Aircraft Tracking gezeigt werden, welcher die Wirbelschleppenstaffelung (ICAO) beim Anflug auf Landebahn-Nordwest (RWY 07L) Datum: Sonntag, der 03. März 2013,
Uhrzeit: 20:22:49 h (M.E.Z) dokumentiert.

 

Auf der Seite http://Casper.umwelthaus.org/dfs kann dies aber sehr leicht aufgerufen und nachverfolgt werden:

 

Hierzu auf der zuvor genannten Seite zuerst mit dem Mausrad und dem Cursor im Bereich zwischen Flörsheim und Hochheim, in die Gefahrenzone hinein zoomen. Anschließend links, oben von „Live“ auf „Replay“ umstellen. Danach das Datum auf den 03. März 2013 und die Uhrzeit auf 20:22 einstellen (Grobeinstellung via Schieberegler / Feineinstellung mit ▲▼) anschließend mit OK bestätigen. Die Aufzeichnung beginnt…

 

Im Luftraum über Flörsheim / Eddersheim ist nun folgendes zu beobachten:

 

DLH061 (A319) fliegt mit Unterschreitung der zulässigen Wirbelschleppenstaffelung, mit zu hoher Geschwindigkeit und viel zu dicht, auf die vorausfliegende DLH1437 (A320) auf. Die A319 muss deshalb über Flörsheim den Landeabbruch und ein Durchstartmanöver einleiten (Fehlanflugverfahren). Der Horizontalabstand beider Maschinen betrug zuletzt nur ca. 4.000 Meter ! Vorgeschrieben ist nach internationaler ICAO-Regel je nach Flugzeugtyp ein Sicherheitsabstand von mindestens 4 Nautischen Meilen (= 7.400 Meter).

 

Zum anzeigen der Pressemitteilung als PDF bitte >hier klicken<